Wenn die Angst zum Gefängnis wird

Ich schreibe diesen Artikel in dem Wissen, dass vor einigen Wochen ein Virus in Umlauf gekommen ist, dessen volle Auswirkungen wir noch nicht genau kennen. Dieser Artikel ist nicht gezielt darauf gerichtet, sondern schwirrte mir schon länger im Kopf umher, aber vielleicht ist er auch gerade jetzt passend. 

 

Wenn die Angst zum Gefängnis wird

Ich bin kein Psychologe, nur ein ganz normaler Mensch. Ich kenne das Gefühl von Angst am eigenen Leib, und ich kenne es als „Zuschauer“. Ich weiß, dass Angst etwas Gutes sein kann, da sie uns vor Gefahr warnt. Sie animiert uns, uns zu schützen. Zum Beispiel bringt sie uns dazu bei einem schnell anrasenden Auto lieber nicht über die Straße zu gehen. Und wenn es brennt, dann bringt sie uns dazu schnell nach Hilfe zu rufen und zur Not wegzurennen.

Aber ich weiß auch, dass Angst etwas sehr Belastendes und Lähmendes haben kann. Sie kann zum Gefängnis werden. Sie überkommt uns, und nimmt uns jegliche Kraft zum Handeln und Klardenken.

Als Kind hatte ich oft mit Angst vor Ausgrenzung zu kämpfen und traute mich vieles nicht. Als Studentin bereiteten mir Prüfungs- und Versagensängste manchmal Albträume. Als Mutter sorge ich mich oft um die Zukunft meiner Kinder und werde panisch in meinen Vorkehrungen …

Große Angst kann dazu führen, dass wir auf einmal die alltäglichsten Dinge nicht mehr richtig hinbekommen, wie zum Beispiel Einschlafen, zu einem Treffen gehen oder Entscheiden, was wir kaufen sollen … aus Angst.

Diese Dinge passieren und sind nicht sofort mit einer Angststörung als Krankheit gleichzusetzen. (Als Mutter von einem Kind, das mit milden Angststörungen zu kämpfen hat, weiß ich, dass es da noch einen Unterschied gibt.)

Aber Angstgefühle können auch einen gesunden Menschen treffen und ihn wie gesagt sehr gefangen nehmen.

Was können wir da tun? Niemand sitzt objektiv gern in einem Gefängnis. Aber wer oder was nimmt uns unsere Angst?

Ein Weg wäre sie zu „ertränken“ … sprich: Drogen! In jeglicher Form! Aber ganz ehrlich: Auf lange Sicht wissen wir, dass das keine Lösung ist. Aber was hilft wirklich?

 

Ein Nachmittag am Strand

Im November war ich auf einer Konferenz in Spanien. Während einer Mittagspause ging ich am Strand spazieren, setzte mich hin und schaute für lange Zeit einfach nur aufs Meer. Kurz zuvor hatte ich gerade mit Gott geredet und ihm ein paar Fragen und Sorgen hingeworfen und Bibel gelesen. Aber so richtig Ruhe wollte noch nicht einkehren. „Gibt es irgendetwas, Gott, das du mir noch zu sagen hast? Irgendeine neue Erkenntnis?“, fragte ich Gott mit leichtem Seufzen … aber er schien zu schweigen.

Es kam mir so vor, als wies er mich einfach nur still darauf hin, mir die Kulisse genau anzuschauen, die sich gerade vor meinen Augen auftat. Also tat ich das. Ich schaute hin – ganz genau:

Auf einmal fielen mir viele kleine Details auf, … die unterschiedlichen Blautöne des Meeres und die Schönheit des glitzernden Lichts auf den Wellen, die verschiedenen Farben und Formen der Hügel im Hintergrund, die Millionen von verschiedenen Sandkornformen und –farben am Strand, die winzig kleinen Tierchen, die durch den Sand krabbelten … dann schloss ich meine Augen und lauschte weiter. Ich hörte das leichte Rauschen der Wellen, wenn sie am Strand brachen, ich hörte ein paar Seevögel, und vor allem hörte ich den Wind. Aber sonst blieb alles ruhig. Keine säuselnde Stimme Gottes im Wind oder sonst irgendein brennender Dornbusch.

Mit diesen Eindrücken ging ich später wieder auf mein Zimmer, ein bisschen enttäuscht, dass Gott nicht klarer zu mir gesprochen hatte. 

Später am Abend ging ich noch einmal ein paar Notizen der Konferenz durch. Auf einem Selbstreflektionsblatt entdeckte ich auf einmal, was ich mir am Tag zuvor zur der Frage aufgeschrieben hatte, was mir momentan am meisten fehlt und gut tun würde. Ich entdeckte meine eigene Handschrift mit den Worten: "Zeit in der Natur".

Mit einem mal blitzte es in mir auf: Ich hatte diesen Gedanken schon längst vergessen, ... aber GOTT HATTE IHN NICHT VERGESSEN!! Er hatte an diesem Nachmittag gar nicht geschwiegen, sondern rief mir laut zu: „Ich weiß ganz genau, was du gerade brauchst, Bianca!! Hier!! Nimm!!! Meine Schöpfung, meine Natur für dich!!"

Weiter kam mir der Gedanke, dass diese ganze Begebenheit am Nachmittag so ist, als hätte Gott zu mir gesprochen: "Das alles habe ich gemacht, Bianca. Das alles halte ich in meiner Hand. Vom kleinen Sandkorn bis hin zum weiten Meer. Ich bin der Schöpfer der gesamten Natur! Die Welt dreht sich, weil ich sie halte. Und ich bin auch DEIN Schöpfer! Nichts, rein gar nichts in deinem Leben ist mir zu schwer zu halten. Was auch immer vor dir liegt, ich halte dich!“

Es war KEINE konkrete Wegweisung zu den Fragen, die ich hatte. Es war einfach nur eine Erinnerung an das, was ich schon lange wusste ... doch es war genug!

 

Als der Apostel Johannes im Exil (eine Art von Quarantäne) lebte, begegnete ihm Jesus in einer Vision. 

 

Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot; und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach:

"Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle." (Offenbarung 1, 17-18)

 

Hierin liegt die Befreiung aus dem Gefängnis meiner Ängste! Wenn ich mir bewusst werde, dass mein Leben in der Hand des allmächtigen Schöpfers dieser Welt liegt, ja in den Händen desjenigen, der Anfang und Ende aller Dinge hält und bestimmt, dann brauche ich mich nicht zu sorgen. Ich darf mit Frieden jeden Tag das nehmen, was er mir gibt, und das tun, was er mir aufträgt zu tun.

Ich darf morgens aufstehen und wissen, dass Gott mir für alles die nötige Kraft und Weisheit zur rechten Zeit geben wird, was auch immer an diesem Tag kommen wird.

Ich darf mich darauf verlassen, dass Gott mich und auch alle meine Familienmitglieder liebt (wirklich - er liebt meine Kinder sogar noch mehr als ich selbst!!) und das Beste mit ihnen im Sinn hat, auch wenn es anders kommt, als ich dachte.

Ich brauche mich nicht zu sorgen, dass Menschen mich abweisen oder schlecht von mir denken werden, weil ich weiß, dass mein Schöpfer mich unendlich liebt.

Ich darf wissen, dass selbst Krankheit und Tod nicht das letzte Wort über mein Leben haben werden, sondern Jesu Auferstehung mir neues Leben verspricht. 

 

Die Liste könnte noch lang weitergehen. Aber vielleicht reicht es erstmal bis hierhin. 

Wir haben nicht nur einen einen Gott, der Himmel und Erde in seinen Händen hält, sondern auch einen Gott, der immer genau weiß, was jeder von uns gerade in diesem Moment braucht und es uns gibt. Sei es Zeit in der Natur, sei es Kraft für die nächste Prüfung, sei es Mut für ein schwieriges Treffen, sei es Trost in Krankheit und Tod.

Was brauchen wir mehr! :)