Sonntag in Zeiten von Corona

Heute waren wir zum ersten mal seit 9 Wochen wieder zusammen als Familie im Gottesdienst in unserer Gemeinde – der Leipzig English Church.

In den vergangenen Wochen schauten Tim und ich uns jeden Sonntag zusammen den Livestream unserer Gemeinde an, während die Kinder nebenan einen Online-Kindergottesdienst sahen.

 

Vor einer Woche wurden die Gottesdienste hier in Leipzig zum ersten mal wieder für eine Größe von 50 Leuten geöffnet.

Wir blieben letzten Sonntag trotzdem erstmal noch zu Hause. Wir dachten, dass wir noch etwas warten müssten, bis wir uns das wieder als ganze Familie trauen. Wir hatten geplant, in den nächsten Wochen immer nur abwechselnd zu gehen. Mal mein Mann allein, mal ich allein, und die Kinder bleiben einfach erstmal zu Hause und schauen weiter Online-Gottesdienst.

Warum? Weil es noch keinen normalen Kindergottesdienst gibt, d. h. unsere Kinder müssten mit uns im normalen Erwachsenen-Gottesdienst bleiben. Mit Abstandsregeln, Mundschutz und Desinfektionsmittel an den Händen. Und vor allem STILLSITZEN. Neben uns.

 

Ich weiß nicht, wie es für andere Kinder ist. Ich kenne viele andere Kinder, die wunderbar aufmerksam stundenlang im Gottesdienst ruhig neben oder auf ihren Eltern sitzen oder schlafen können. Unsere Kinder … nicht.

So sehr ich mir auch wünschte, sie würden sagen, ihre Hauptmotivation für den Gottesdienstbesuch sei „Gottes Wort zu hören und von Jesus zu lernen“, es wäre momentan eine glatte Lüge. So war es seit Anfang an, und ich glaube inzwischen, dass das, solange sie Kinder sind, voll okay ist. Unsere Kinder lieben unsere Gemeinde vor allem, weil sie dort mit ihren Freunden reden und spielen können – vor, während und nach dem Gottesdienst. Und dazwischen nehmen sie hier und da noch ein paar Krümel von Jesus mit. Irgendwann werden diese Krümel vielleicht zu Brocken, und irgendwann sogar ein ganzer Brotlaib, und irgendwann kommen sie hoffentlich vor allem, weil sie bei Jesus und seinen Leuten sein wollen. Das muss der Heilige Geist machen. Aber momentan … momentan ist Gemeinde für sie vor allem ein Ort zum sicheren Spaß haben mit Freunden.

Das alles konnten wir ihnen diesmal aber nicht versprechen.

 

Warum sind wir diese Woche trotzdem gegangen?

Generell gäbe es zig gute und geistliche Gründe, warum wir es heute trotzdem versuchen wollten. Aber einer stach darunter für mich persönlich heraus:

Weil eine Freundin aus der Gemeinde, eine allein erziehende Mutter einer Tochter, uns im Laufe der Woche sagte, sie habe uns letzten Sonntag als Familie vermisst.

 

Das war’s. Diese einfache Aussage aus dem Mund einer Schwester, die es in den vergangenen Wochen im Lockdown viel schwerer hatte als wir, hat gesessen und legte einen Schalter in mir um. Wir wurden vermisst. Und zwar nicht nur wir als Erwachsene, auch nicht nur unsere Kinder, sondern wir als ganze Familie. Das war irgendwie etwas Besonderes.

Ich weiß auch nicht, wie ich es richtig in Worte fassen sollte. Aber irgendetwas in mir fing daraufhin an zu arbeiten. „Vielleicht ist es doch die Mühe und Anstrengung wert!“ Um dieser Schwester, die uns vermisste, Willen sollten wir es zumindest versuchen.

Also gingen wir heute alle hin. Gewappnet mit Mundschutz, Büchern, Ausmalbildern und Stiften für unsere Kinder.

 

Und es lief eigentlich im Großen und Ganzen gut! Die Kinder haben nicht so viel vom GoDi inhaltlich mitbekommen, sondern sich die ganze Zeit mit etwas anderem beschäftigt. Aber hey .. sie haben zumindest niemanden gestört. Und sie haben mit der Gemeinde mitgesungen. Sogar der Älteste, der vorher noch fest beteuerte: „Ich singe aber nicht mit!“

Ich weiß nicht, wieviel Singen für andere Kinder bedeutet. Aber wenn es eines gibt, dass kein Online-Gottesdienst annähernd befriedigend abdecken kann, dann ist es das gemeinsame Singen mit anderen. Heute konnten wir es zum ersten mal wieder tun. Ich habe es geliebt! J

Es gibt noch viel anderes, das mir heute im Gottesdienst zu Herzen ging …

  • die Predigt aus Lukas 12, 32-48 („Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben.“ und „Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend findet. Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich schürzen und wird sie zu Tisch bitten und kommen und ihnen dienen.“)
  •  das Fürbittgebet für ganz konkrete Anliegen in unserer Welt bis hin zu unserem persönlichen Leben
  • das kurze Miteinander nach dem Gottesdienst, auch wenn es nicht so ausgelassen und mit Abstrichen stattfinden musste …

Es waren alles auch wenn noch nicht vollkommen sehr segensreiche Momente, und ich bin SO FROH, dass wir es versucht haben. Ich bin meiner Freundin so dankbar, dass sie uns ermutigt hat zu kommen. Ich bin Jesus dankbar, dass er sie gebraucht hat uns zu ermutigen.

 

Vielleicht sollten wir uns das tatsächlich öfter mal sagen, gerade in dieser Zeit: „Ich habe dich vermisst.“ Vielleicht sollten wir sogar dafür beten, dass wir das noch mehr tun … einander VERMISSEN. Auf gesunde Weise. Ich glaube, Jesus tut es auch. J

 

„Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war.“ (Johannes 17, 24)

 

PS: Dieser Artikel soll keinesfalls ein Appell oder so an andere Eltern sein, die wegen ihrer kleineren Kinder noch nicht zum GoDi gehen können. Ich kann das vollstens verstehen!! :) Macht es so, wie es euch als Familie möglich ist. 

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