Vor einer Weile saß ich an der Vorbereitung einer Bibelarbeit über den 1. Johannesbrief. Im Nebenzimmer hörte ich meinen Sohn seit einer halben Stunde brüllen, fluchen, auf den Tisch schlagen. Er war stinkend wütend über mich, über seine Situation. Er sollte für eine Mathearbeit lernen, hatte aber keine Lust. Also war dicke Luft in der Wohnung.
Ich versuchte mich zu konzentrieren ... da stand was von Gottes Liebe ... *BOFF* .. Die Tür sprang auf, mein Sohn stampfte herein, tobte, warf Dinge in den Raum, stampfte wieder heraus, warf die Tür scheppernd hinter sich zu, trat dagegen, schrie.
Ich kochte innerlich. "Gott ... hilf mir! Wie soll ich das zusammen bringen? Was hat dieser Text mit meiner Situation hier gerade zu tun??!!"
Vielleicht kennst du solche Situationen? Was mir an diesem Abend half, war das Flehen zu Gott, dass er mir helfen möge, jetzt ruhig zu bleiben. Und irgendwie ... nach einer ganzen langen Weile sickerte etwas durch den Bibeltext in mich hinein, ein Schimmer von Gottes großer Liebe zu mir, in diesem Wust an wütenden und frustrierten Gefühlen über meinen eigenen Sohn.
Genau so, genau so war und bin ich auch. Ein wütendes, unwilliges, undankbares Kind. Und doch hat mich Gott genau so geliebt und seinen Sohn für mich gesandt. Wie unfassbar ist das!
Vor kurzem las ich einen Blog-Artikel von Emma Scrivener, der diesen Punkt einfach wunderschön und unglaublich deutlich macht. Freundlicherweise durfte ich ihn ins Deutsche übersetzen.
Stell dir vor: die perfekte Familie. Die drei sind unzertrennlich. Ihr Haus ist voller Lachen und Liebe – anziehend, großzügig, vollständig.
Es fehlt an nichts. Ihr Herzschlag ist Sicherheit, Vertrauen und - über allem - Freude.
‚Ich liebe dich.’
‘Ich bin stolz auf dich!‘
‚Du bist der Beste!‘
Sie brauchen nichts. Und doch wollen sie geben. So viel Liebe, unmöglich sie für sich zu behalten. Also machen sie einen Plan. Eine unglaubliche Entscheidung, jemanden von außen mit hinein zu nehmen.
Doch wen werden sie auswählen?
Sie können jeden haben, den sie wollen. Den aller attraktivsten Kandidaten; mit einer glänzenden, rein gewischten Außenseite. Einem perfekten Genpool; ein garantierter Erfolg.
Sei klug. Ruinier nicht, was du hast. Riskier nicht, was du besitzt. Denk an deinen Sohn – bleib auf der sicheren Seite. Beschütz ihn. Beschütz dich selbst.
Doch sie suchen weiter.
Ein gerissener Umschlag: Nicht öffnen.
Dieses Kind wird dich zertören.
Kistenweise Vorfälle. Eine Familie von Verbrechern – Mördern, Vergewaltigern, Kriminellen und Suchtkranken. Widerwillig und unfähig sich zu verändern; genetisch geschädigt. Trotz und Widerstand über alle Maßen.
Es wird dein Essen essen und es dir ins Gesicht spucken. Es wird deine Liebe verschmähen und anderen nachjagen. Es wird sich an den höchsten Anbieter verkaufen; und sich dann kostenlos weggeben.
Dieses Kind wird alles nehmen, was du gibst, und noch mehr verlangen. Es wird dich verfluchen und – lachend - dein Herz zerbrechen.
Da ist noch mehr.
Es wird deine perfekte Familie durch die Hölle schicken.
Es wird einen undenkbaren Albtraum über dich bringen.
Dieses Kind wird deinen Sohn töten – wenn du es aufnimmst.
Also.
Schließ diese Akte. Geh zurück in deine Welt; die, die du geschaffen hast. Niemand wird weniger von dir denken. Genau das Gegenteil. Schütz dich selbst. Beschütz deinen Sohn.
Doch sie tun es nicht.
„Wir werden ihn nehmen“, sagen sie.
„Diesen hier.
Obwohl es uns alles kostet, diesen hier. Diesen hier, eine Million Mal ihn.
Das Kind, das keiner will.
Wir werden ihn lieben.
Und wir werden ihn nach Hause holen.“
"Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch!" (1. Johannes 3, 1)
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