Darf ich deine Pläne durchkreuzen?

Ich wollte über Tausend verschiedene andere Dinge schreiben, die mich in den letzten Monaten beschäftigt haben. Ich hatte mich darauf gefreut, endlich wieder etwas mehr Zeit zu haben, um lange zu lesen, über Dinge nachzudenken, zu beten, Tagebuch zu schreiben, Weihnachtskarten und Briefe zu schreiben, endlich ein Fotobuch für meinen 5-jährigen fertigstellen … ganz allein und in Ruhe. Eine Woche Urlaub – keine Termine, keine Emails, während die Kinder noch in Schule und Kindergarten sind. Wie habe ich mich darauf gefreut und danach gesehnt!

 

Aber es kam alles anders, wie so vieles in diesem besonderen Jahr.

Der Staat Sachsen hat letzte Woche beschlossen, die Schulen und Kindergärten eine Woche früher dicht zu machen und alle Kinder in häusliche Lernzeit zu schicken. Das war’s mit den ruhigen Urlaubstagen.

 

Vor ein paar Tagen haben wir auch unsere Weihnachts- und Neujahrspläne umgeschmissen. Eigentlich sollten meine Eltern zu Weihnachten zu uns kommen. Und zu Silvester mein Bruder und seine Familie. Wir hatten uns darauf eingestellt, uns vorher selbst zu isolieren, so gut es ginge. Wir hatten überlegt, wie wir die zusätzlichen Matratzen auf die verschiedenen Zimmer aufteilen, welches Essen wir machen, was wir zusammen spielen. Ich habe sogar versucht meine Weihnachtsmusik-Playlist mit dem Geschmack meiner Mutter abzustimmen … etc. 

Aber … dann diese Woche: zu viele warnende Stimmen, zu viele Vorerkrankungen, zu hoch das Risiko einer Ansteckung mit schweren Folgen, kein ruhiges Gewissen. „Lasst es uns dieses Jahr doch lassen. Das scheint gerade weiser zu sein.“

 

Ich weiß, dass das alles totale Luxusprobleme sind. Durch und durch!

Und doch war es erstmal nicht ganz leicht zu verdauen. Es ist hart enttäuscht zu werden. Man hatte eine Erwartung, und sie wird nicht erfüllt.

 

Ich hab mir lange Gedanken darüber gemacht, wie ich gut mit diesen Enttäuschungen umgehen kann außer ein ums andere Mal zu seufzen und mir nur die Rückkehr von Jesus zu wünschen. (Das tue ich natürlich immer noch, aber nicht nur …) 

 

Auf einmal war da diese Frage in meinem Kopf: „Darf ich deine Pläne durchkreuzen?“

Immer und immer wieder pochte sie an mein Gewissen, während ich meine erhofft ruhigen Stunden eintauschte mit Stunden, in denen ich versuchte die Wutanfälle meines Ältesten  zu beruhigen, weil seine Online-Lernplattform sich mal wieder aufgehängt hat, während meine Mittlere auf dem Cello bei „Ich steh an deiner Krippen hier“ immer wieder das „H“ einen Halbton zu tief spielte und sich alle Nackenhaare in mir aufstellten und während der Jüngste in den höchsten Tönen aufschrie, weil er … ja, warum eigentlich… ich glaube, es war irgendwas mit Lego. 

 

Darf ich deine Pläne durchkreuzen?

„Aber Herr, waren meine Wünsche denn nicht gut? Wäre dieser oder jener Plan nicht ein Segen für alle gewesen? Warum erlaubst du es nicht?“

 

„War meine Hochzeitsfeier nicht nach deinem Willen?“ „Hatte diese Reise nicht einen guten Zweck?“ „Hast du mir nicht diesen Studienplatz hier in dieser neuen Stadt geschenkt?“ 

 

Solche oder ähnliche Fragen hatten sicherlich einige von euch, zumindest kenne ich welche in meinem eigenen Umfeld. „Was hat das alles jetzt zu bedeuten?“

 

Gestern Abend lasen wir als Familie das Gebet von Maria, das in Lukas 1, 46-55 steht. Zum ersten Mal hörte ich richtig hin, was sie eigentlich betet und wieviel das in ihrer Situation bedeutet hat. 

Maria hatte sich gerade von dem ersten Schock erholt, den der Engel ihr da gebracht hatte. Sie, eine ganz unbedeutende junge Frau ohne Rang und Namen, sollte den Heiland der Welt gebären. DAS hatte Maria sich wahrscheinlich NIE erhofft oder geplant. Aber dazu kam der Zweifel: Was sollte aus ihrer Verlobung werden? Was aus ihrem jungfräulichen Ruf? Gott schien alle ihre guten Pläne zum ersten Mal kräftig zu durchkreuzen. Doch all diese Fragen schienen sich zu klären, und ihre Furcht verwandelte sich in Ergebung und Lobgesang. 

 

„Und Maria sprach: Meine Seele erhebt den Herrn,  und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder. 

Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist. Und seine Barmherzigkeit währet für und für bei denen, die ihn fürchten. 

Er übt Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.  

Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. 

Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen.

 Er gedenkt der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel auf,  wie er geredet hat zu unsern Vätern, Abraham und seinen Nachkommen in Ewigkeit."

 

Was wir dann jedoch lesen, ist eine Folge von Ereignissen, die einen vielleicht mehr und mehr daran zweifeln lassen könnte, ob Maria da nicht zu voreilig in ihrem Lobgesang war. Vielleicht magst du den Bibeltext nochmal durchlesen und dich dabei fragen: Stimmt das? Wurden Marias Erwartungen und Hoffnungen erfüllt?

 

Irgendwie kam in mir das Gefühl auf, dass Marias wahrscheinlichen Erwartungen und Pläne mit Jesus immer wieder durchKREUZt wurden, im wahrsten Sinne des Wortes … 

Von der Wiege an bis hin zu Jesu Tod am Kreuz war sein Leben voll von Wendungen, die man sich nicht für den Retter der Welt, den verheißenen König der Könige erdacht hätte.  Zwischendrin schon, da sah es sehr verheißungsvoll aus …

Jesus war jemand, der ein besonderes Herz für die Schwachen und Ausgestoßenen hatte, und er heilte und nährte Tausende. So ist Gott. Ein Gott für die Schwachen! Ein Gott für die Sünder! 

Aber was sollten nur der Spott und der Hass und letztendlich sein Tod bedeuten? DARÜBER hat Maria nicht gesungen. (Oder doch?) 

DAVON haben die Engel nichts  gesagt. (Oder doch?)

Hätte er als beliebter und vor allem LEBENDIGER König nicht viel mehr Gutes und Sinnvolles tun können? Und überhaupt ... wie sollte er als Toter die Gewaltigen von ihrem Thron stürzen?

 

Aber gerade in diesem widrigsten Durchkreuzen aller Erwartungen erfüllte sich genau das, was der Engel Maria und Josef verkündet hatte: Er würde die Menschen von ihren Sünden retten. Erst da am Kreuz brachte er alles zu Ende, wofür er gekommen war. 

 

Schon viele Jahrhunderte vorher sagte der Prophet Jesaja:

 

"Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt." (Jesaja 53, 4-5)

 

Gerade da hat er die Verheißung an Abraham wahr werden lassen. Er erbarmte sich so allen, die ihn fürchten, und starb unseren Tod. Und er stand 3 Tage später auf vom Tod, stieß damit den gewaltigsten aller Gewaltigen (nämlich den Tod) endgültig vom Thron und erhob uns aus unserer Niedrigkeit. 

 

So ist Gott. Er ist ein Gott, der unsere Erwartungen und Pläne manchmal durchkreuzt, um an sein ultimatives Ziel mit uns zu kommen. 

 

Warum schreibe ich das alles hier?

Ich glaube ein bisschen, um es mir selbst noch mehr klar zu werden. 

Ja, Gott hat meine – unsere – Pläne dieses Jahr ganz schön durchkreuzt. Im Kleinen wie im Großen. Aber ich wurde gestern noch einmal daran erinnert, dass sein Durchkreuzen immer einen guten Sinn hat. 

 

Vielleicht wollte er, dass ich doch noch mehr Zeit mit meinen Kindern habe. 

Vielleicht wollte er mich lehren, dass der schön ruhige Urlaub, den ich mir erhofft hatte, mir ein bisschen zu wichtig geworden war. 

Vielleicht wollte er, dass ich bei der gestrigen Andacht genauer hinhöre und mir noch einmal bewusst mache, wofür er auf die Welt gekommen ist. 

Vielleicht wollte er aber auch, dass ich mich doch noch mehr nach der endgültigen Ruhe bei ihm sehne. 

Vielleicht wollte er mir aber auch nur zeigen, dass Er mir für alles Wichtige genug Kraft und Zeit geben wird, auch ohne Urlaub. 

 

Denn das hat er bis heute getan. :-) 

 

In diesem Sinne … „Ja, Herr, du darfst meine Pläne durchkreuzen. Danke, dass du das schon immer getan hast.“

 

Frohe Weihnachten euch allen!